Bigger Than Us. Dokumentarfilm von Flore Vasseur. Kinostart: 16.02.2023 - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kunst + Kultur



AVIVA-BERLIN.de im Mai 2024 - Beitrag vom 09.02.2023


Bigger Than Us. Dokumentarfilm von Flore Vasseur. Kinostart: 16.02.2023
Helga Egetenmeier

Sie sind jung und sie kämpfen bereits seit Jahren für eine bessere Zukunft. In sieben Ländern begleitete Filmemacherin und Autorin Flore Vasseur sieben junge Menschen, die sich mutig und erfolgreich engagieren, mit der Kamera. Die Hoffnung, dass...




... Humanismus weltweit Verfechter*innen hat und Aufgeben keine Option ist, transportiert die Filmemacherin in schönen, wie auch überzeugenden Bildern.

Wenn nicht wir, wer dann? Gegen die Bequemlichkeit, sich abzufinden

Sie sei zu dieser Filmidee durch ihren siebenjährigen Sohn gekommen, sagt Flore Vasseur. Dieser habe sie danach gefragt, ob sie als Filmemacherin etwas gegen die Umweltverschmutzung tun könne. Als sie dann kurz darauf den TED-Talk von Melati Wijsen und deren jüngerer Schwester Isabel sah, war ihr klar: sie hatte das Thema ihres neuen Films gefunden. Die Schwestern stellten in diesem Talk im September 2015 ihre Kampagne vor, Plastikmüll aus Bali zu verbannen. Nach einem Gespräch der Regisseurin mit Melati, stimmte diese zu, die anderen Protagonist*innen kennenzulernen und sie vor der Kamera zu begleiten und deren Projekte vorzustellen.

Mit der Begeisterung, mit der Melati und Isabel für ihr Engagement gegen den Verkauf von Plastiktüten, Verpackungen und Strohhalmen eintreten, erzählen auch die anderen Protagonist*innen über ihre ehrenamtliche Arbeit. Empathisch fängt die Kamera ein, welches Glück es für sie brachte, durch ihren Einfluss einen Schneeballeffekt auszulösen der Diskriminierungen reduziert und Leben rettet.

Junge Menschen kämpfen für eine lebenswerte Zukunft

Das Engagement der sieben jungen Menschen, die mit viel Courage lokale Probleme anpacken, verdient diesen aussagekräftigen Filmtitel "Bigger Than Us". Denn sie engagieren sich für globale Ziele, wie die Stärkung von Frauen- und Menschenrechten, den Zugang zu Bildung und Nahrung, Pressefreiheit und Klimagerechtigkeit. Um zu zeigen, was die Aktivist*innen mit ihrer jahrelangen Arbeit erreicht haben, besuchte die Filmemacherin sie an den Orten, die sie dadurch zum Besseren verändert haben.

Flore Vasseur lässt die achtzehnjährige Melati aus Indonesien, die sich seit ihrem zwölften Lebensjahr gegen Umweltverschmutzung einsetzt, ihre weiteren Protagonist*innen befragen. Damit trägt sie gleichzeitig zur Vernetzung dieser Akteur*innen bei und führt uns Zuschauer*innen nah an deren emotionale Verbindung zu ihrem Engagement heran:

Melatis erster Gesprächspartner war der aus Syrien geflüchteten Mohamad, der mit zwölf Jahren damit begann, im Libanon eine Schule für geflüchtete Kinder aufzubauen. In Malawi traf sie Memory, die sich der Tradition der institutionellen Vergewaltigung junger Mädchen verweigerte und erreichte, dass das Verheiratungsalter auf 18 Jahre erhöht wurde. Xiuhtezcati verklagte in den USA als Schüler den Staat, weil er nichts gegen die globale Erwärmung unternimmt. Die Britin Mary, mit der Melati in Griechenland sprach, beteiligt sich seit ihrem achtzehnten Lebensjahr bei der Seenotrettung im Mittelmeer. In Rio de Janeiro traf sie sich mit Rene, der mit elf Jahren in seiner Favela deren erste lokale Zeitung gründete, um dort unabhängigen Journalismus zu publizieren. Und in Uganda erzählte ihr Winnie, dass sie seit ihrer Jugend Grundlagenwissen über Permakultur an Geflüchtete vermittelt, damit sie auf dem von Pestiziden zerstören Boden etwas anbauen können.

AVIVA-Tipp: Zugewandt und empathisch porträtiert die Filmemacherin in "Bigger Than Us" ihre jungen Protagonist*innen, die sich auf bewundernswerte Weise engagieren und die Welt dadurch zu einem besseren Ort machen. Ihr ist es damit gelungen, Aktivist*innen vor die Kamera zu bringen, die Mut machen, sich für ein solidarisches und glückliches Leben zu engagieren. Ein Film, der inspiriert und die Stärke weitergibt, die er ausstrahlt - unbedingt sehenswert!

Zur Regisseurin: Flore Vasseur studierte Wirtschaft und Politik in Genf und Paris. Danach arbeitete sie als Unternehmerin im Marketingbereich in New York. Dort erlebte sie die Dotcom-Blase, den 11. September und den globalen Kapitalismus, was sie dazu führte, sich in der Literatur, dem Journalismus und dem Filmemachen damit auseinanderzusetzen. Als Autorin veröffentlichte sie den Wirtschaftskrimi "Kriminelle Bande" (2014) und drehte als Filmemacherin den Dokumentarfilm "Meeting Snowden" (2017). Sie schreibt für französische Medien und führt ihre eigene Produktionsfirma "Big Mother Productions".
www.florevasseur.com

Protagonistin Melati Wijsen: In Indonesien engagiert sie sich seit ihrem 12. Lebensjahr gegen Plastikverschmutzung. Gemeinsam mit ihrer Schwester Isabel gründete sie die Initiative "Bye Bye Plastic Bags". Durch ihr Engagement erreichte sie ein Dekret, das den Verkauf und die Verteilung von Plastiktüten, Verpackungen und Strohhalmen auf ihrer Insel verbietet. Sie entwickelte mit "Youthtopia", eine Bildungs- und Tool-Sharing-Plattform für junge Menschen, die sich engagieren möchten.

Protagonist Mohamad Al Jounde: Er floh mit seiner Familie aus Syrien und baute im Lager in El Marj, Libanon, mit zwölf Jahren eine Schule auf. Heute besuchen zweihundert geflüchtete syrische Kinder jeden Tag die von ihm gegründete Schule. Er lebt heute in Schweden im Asyl und unterstützt die Schule von dort aus.
Im Libanon ist jeder vierte Mensch auf der Flucht, darunter 54 % Kinder (UNHCR).

Protagonistin Memory Banda: In Malawi kritisierte sie die Tradition der institutionalisierten Vergewaltigung junger Mädchen in speziellen Initiationslagern. Das führte dazu, dass in der Verfassung Malawis das zulässige Verheiratungsalter von 15 Jahren auf 18 Jahre erhöht wurde. Memory gründete die Organisation "Formation 4 Girls Leadership", zur Stärkung von Mädchen.
In Malawi werden 42 % der Mädchen vor dem Alter von 18 Jahren zwangsverheiratet, weltweit ist es jedes fünfte Mädchen (Unicef).

Protagonist Xiuhtezcatl Martinez: In seiner Heimatstadt in Colorado kämpfte er schon als Schüler gegen die Verbreitung von Kohleasche, gegen Pestizide in Parks und gegen Fracking. Mit weiteren jungen Menschen verklagte er später Colorado und anschließend die USA, da sie keine Anstrengungen gegen die globale Erwärmung unternahmen und dadurch künftige Generationen nicht schützen.

Protagonistin Mary Finn: Seit ihrem 18. Lebensjahr beteiligt sie sich an Seenotrettungsaktionen vor der Küste Griechenlands, der Türkei und Libyens. Heute lässt sie sich zur Hebamme ausbilden, um bessere humanitäre Soforthilfe leisten zu können.
Aktuell gibt es weltweit 80 Millionen Geflüchtete, von denen 16 % in westlichen Ländern leben. Bis 2050 werden es 200 Millionen sein (UNHCR).

Protagonistin Rene Silva: Er gründete mit elf Jahren in seiner Favela in Rio de Janeiro die erste Zeitung, die von und für die dortige Community geschrieben wird: "Voz das Comunidades". Darin steht das von Armut, Ungleichheit und Rassismus, aber auch Widerstandsfähigkeit geprägte alltägliche Leben im Mittelpunkt ihres Journalismus als Widerstand gegen einen zunehmend repressiven Staat.
Im Jahr 2020 wurden weltweit 397 Aktivist*innen und Journalist*innen getötet, 264 davon in Lateinamerika (ISF und IFG).

Protagonistin Winnie Tushabe: Sie gründete in Uganda die Initiative YICE, Youth Initiative for Community Empowerment. Damit bringt sie den Ärmsten, den Geflüchteten in Uganda, die Grundlagen der Permakultur bei, da große Teile der Böden durch Pestizide zerstört sind. Die dadurch gewonnene Ernährungssicherheit, Tauschgeschäfte und Kleinhandel ermöglicht deren Kindern den Zugang zur Schule. Winnie kümmert sich um 900 Familien und hat bereits mehr als 50 Arbeitsplätze für junge Menschen und Frauen geschaffen.
84 % der Böden Afrikas sind durch Pestizide zerstört oder stark geschädigt (FAO).

Bigger Than Us
Original mit deutschen Untertiteln
Frankreich 2021
Regie: Flore Vasseur
Drehbuch / Dialoge: Flore Vasseur, Melati Wijsen
Produktion: Marion Cotillard, Denis Carot, Flore Vasseur
Protagonist*innen: Melati Wijsen (Indonesien), Mohamad Al Jounde (Syrien / Libanon), Memory Banda (Malawi), Xiuhtezcatl Martinez (USA), Mary Finn (Griechenland), Rene Silva (Brasilien), Winnie Tushabe (Uganda), u.a.
Verleih: Plaion Pictures
Lauflänge: 96 Minuten
Kinostart: 16.02.2023
Mehr zum Film und der Trailer unter: www.biggerthanus

Weitere Informationen zu den Initiativen und Organisationen unter:

Talk im September 2015
Die Schwestern Melati und Isabel Wijsen stellen in diesem Talk ihre Kampagne vor, Plastikmüll aus Bali zu verbannen.

"Bye Bye Plastic Bags"
Initiative der Schwestern Melati und Isabel Wijsen, die den Verkauf und die Verteilung von Plastiktüten, Verpackungen und Strohhalmen auf ihrer Insel verbietet.

"Youthtopia"
Diese Bildungs- und Tool-Sharing-Plattform für junge Menschen, die sich engagieren möchten, wurde von Melati Wijsen entwickelt.

"Voz das Comunidades"
Rene Silva gründete mit elf Jahren eine Lokalzeitung in seiner Favela in Rio de Janeiro, in der über den Alltag der Bewohner*innen berichtet wird.

YICE, Youth Initiative for Community Empowerment
Diese Initiative gründete Winnie Tushabe in Uganda. Durch sie bringt sie den Armen und Geflüchteten in Uganda die Grundlagen der Permakultur bei.

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Flore Vasseur - Kriminelle Bande
"Erlässt du Gesetze zugunsten meiner Bank, gebe ich dir nach deiner Politikkarriere einen Job. Und wenn du mir einen Orden verleihst, halte ich deine Machenschaften aus der Medienberichterstattung heraus." Nach diesem Prinzip verfahren die Protagonist*innen dieses Wirtschaftskrimis. Als einer von ihnen aus dem Spiel aussteigen will, endet der Entschluss tödlich. (2014)

Elizabeth Kolbert - Wir Klimawandler. Wie der Mensch die Natur der Zukunft erschafft.
Dass die Erderwärmung, die den Klimawandel beschleunigt, deutlich reduziert werden muss, darüber herrscht in Wissenschaft und Politik Einigkeit. Pulitzerpreisträgerin und Wissenschaftsjournalistin Elizabeth Kolbert geht deshalb nicht nur, wie bereits in "Das 6. Sterben. Wie der Mensch Naturgeschichte schreibt", der Frage nach, ob die globale Krise verhindert werden kann, sondern beschreibt auch, wie dies geschehen könnte. Dazu besuchte sie weltweit Forschungsprojekte, die zu den Folgeproblemen früherer Eingriffe in die Natur arbeiten, und solche, die in größerem Maßstab Geoengineering planen. (2022)

Koleka Putuma - Kollektive Amnesie. Gedichte. Herausgegeben von Indra Wussow
Der Gedichtband "Kollektive Amnesie" ist das international viel beachtete und mehrfach ausgezeichnete Debüt der südafrikanischen Lyrikerin Koleka Putuma. Darin setzt sie sich mit dem von Rassismus und Sexismus geprägten Leben schwarzer Frauen auseinander, das auch siebenundzwanzig Jahre nach der offiziellen Beendigung der Apartheid weiterhin das Leben in Südafrika bestimmt. (2021)

Helge-Ulrike Hyams - Denk ich an Moria. Ein Winter auf Lesbos
Mit siebenundsiebzig Jahren ging Helge-Ulrike Hyams, Professorin für Erziehungswissenschaften und Mit-Herausgeberin des Katalogs zur Ausstellung "Jüdisches Kinderleben im Spiegel jüdischer Kinderbücher", im Herbst 2019 als Freiwillige in das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos. In fünfunddreißig prägnanten Kapiteln beschreibt sie den Alltag der Menschen, die am Rande von Europa unter schrecklichen Lebensbedingungen auf eine bessere Zukunft hoffen. (2021)

I am Greta - Dokumentarfilm von Nathan Grossmann
Dass Greta Thunberg als Fünfzehnjährige einen Sitzstreik gegen die politische Ignoranz der Klimakrise vor dem schwedischen Reichstag begann, ist vielen bekannt. Dass von Anfang an eine Kamera dabei war, die damit die Entstehung der Fridays For Future Bewegung dokumentieren konnte, war Zufall und ein Glück für die weltweite Initiative für Klimagerechtigkeit. (2020)

Cristina Cattaneo - Namen statt Nummern. Auf der Suche nach den Opfern des Mittelmeers
Europas Außengrenzen sind die tödlichsten der Welt. Nach UN-Angaben starben von Januar 2014 bis Oktober 2019 beim Versuch, über das Meer nach Europa zu gelangen, 18.892 Flüchtlinge im Mittelmeer. Während bei Flugzeugabstürzen und Zugunglücken Spezialist*innen anreisen, um die Toten zu identifizieren und die Angehörigen zu informieren, treiben die toten Körper der Flüchtlinge nach dem Kentern der hoffnungslos überfüllten Flüchtlingsboote namenlos im Meer. Die Rechtsmedizinerin und Forensik-Professorin Cristina Cattaneo arbeitet gegen das Vergessen. In ihrem Buch beschreibt sie engagiert und einfühlsam gleichermaßen, wie sie den im Mittelmeer Ertrunkenen durch die Recherche nach ihrer Identität ihre Namen zurückgeben will. (2020)

Maja Göpel - Unsere Welt neu denken. Eine Einladung
Die Einladung der Mitbegründerin der "Scientists for Future" und Honorarprofessorin an der Leuphana Universität in Lüneburg für ein Umdenken zu Gunsten der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft fällt in eine Zeit, die durch die Corona-Pandemie weltweit eine Aufgabe und Herausforderung für Solidarität geworden ist. Ob der fortschreitende Klimawandel mit dem Ausmaß der Virusinfektion in Zusammenhang gebracht werden kann, lässt sich heute noch nicht sagen. Doch der Appell der Autorin, dass wir uns auf die vor uns liegenden krisenhaften Zeiten vorbereiten müssen, erhält durch die aktuellen Kontaktbeschränkungen, die Einschnitte in das Wirtschaftsleben und die steigenden Zahlen der Verstorbenen eine erschreckende Realität. (2020)

Sibylle Berg - NERDS retten die Welt. Gespräche mit denen, die es wissen.
Während der Arbeit an ihrem Roman »GRM – Brainfuck« sprach die Dramatikerin und Kult-Autorin Sibylle Berg über zwei Jahre hinweg mit Expert*innen verschiedenster Disziplinen über den Zustand der Welt, und darüber, ob es überhaupt noch Hoffnung für sie gibt. Ihre Interviews, erstabgedruckt in ihrer Kolumne im digitalen Magazin "Republik", sind im März 2020 als gebundenes Buch bei Kiepenheuer&Witsch erschienen. (2020)

Kate Raworth - Die Donut-Ökonomie. Endlich ein Wirtschaftsmodell, das den Planeten nicht zerstört.
Aktueller könnte Kate Raworth mit ihrer Kritik am vorherrschenden Wirtschaftsmodell und ihren Vorschlägen zum Umdenken nicht sein. Ganz im Sinne der Fridays-for-Future-Bewegung und deren Engagement für sofortige Klimaschutz-Maßnahmen, stellt sie die veralteten Lehren der Wirtschaftswissenschaften fundiert in Frage. Mit ihrem "Donut-Modell" diskutiert sie Alternativen und plädiert für eine ökologische und menschenfreundliche Ökonomie, die an vorhandene Konzepte anknüpfen kann. (2019)

Naomi Klein - Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann. On Fire. The (Burning) Case for a Green New Deal.
Die kanadische Klimaaktivistin Naomi Klein ("Die Entscheidung. Kapitalismus vs. Klima", "Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus", "No Logo!") ist keine Freundin der leisen Töne. Sie fordert radikales Umdenken in Bezug auf unseren Umgang mit dem Planeten Erde und bietet ein klares Konzept, wie der Klimakollaps aufzuhalten ist. Ihre Antwort ist der Green New Deal. (2019)


Quelle: Presseheft (mm filmpresse GmbH, Plaion Pictures GmbH)


Kunst + Kultur

Beitrag vom 09.02.2023

Helga Egetenmeier